08.08.2018  Bildung

Dienstpflicht geht an den zentralen Problemen vorbei!

Wir müssen freiwilliges Engagement besser fördern anstatt die x-te Gespensterdebatte um eine allgemeine Dienstpflicht zu führen. Ein Dienstzwang – für alle oder wenige – wäre verfassungswidrig, sehr teuer und würde am tatsächlichen Bedarf der Gesellschaft vorbeigehen. Es wäre ein unverhältnismäßiger, massiver Eingriff in die Freiheit und die Persönlichkeitsrechte der/des Einzelnen. Und für mehrere hunderttausend Jugendliche rein organisatorisch ein schier unrealistisches Vorhaben. Zur Landesverteidigung ist eine Wiedereinführung der Wehrpflicht – egal, ob mit oder ohne Dienstpflicht gepaart – schlicht überflüssig, da es keine derartigen Bedrohungsszenarien gibt.

 

Selten zuvor gab es so viele engagierte Jugendliche wie heute – das zeigen alle Freiwilligen-Surveys. Solidarität ist also da und braucht nicht erzwungen werden. Es fehlt in unserer Gesellschaft nicht an Freiwilligen, sondern an genügend Angeboten, um deren Engagement vernünftig einzubeziehen und abzurufen. Statt Zwangsdienste aus dem letzten Jahrtausend braucht es eine Ausbauoffensive für Freiwilligendienste – für soziale, ökologische, kulturelle, politische, im Inland wie im Ausland. Es ist falsch, alle Jugendlichen par ordre du mufti für ein Jahr von ihrer Ausbildung oder dem Berufsstart abzuhalten. Ein solcher Zwangsdienst verstieße gegen das Grundgesetz und die EU-Menschenrechtscharta.

 

Wir brauchen in sehr vielen Branchen mehr Fachkräfte, nicht zwangsverpflichtete Aushilfen. Kostengünstige Dienstpflichtige würden regulär bezahlte Beschäftigung im Sozialbereich unter Druck bringen, schlimmstenfalls verdrängen. Gerade dort würde ein Pflichtdienst für alle die falschen Prioritäten setzen, denn hier braucht es an erster Stelle endlich eine gerechte Entlohnung und bessere Arbeitsbedingungen – übrigens auch in der Ausbildung. Es ist völlig absurd, dass in Heil- und Pflegeberufen zum Teil noch Schulgeld bezahlt werden muss. Wirkungsvolle Politik muss genau hier ansetzen und bessere Brücken in Berufe bauen statt abzulenken.